Die Leipziger Professoren waren sich in der Frauenfrage uneins. Befürworter und Gegner des Frauenstudiums brachten jeweils ihre Argumente vor und äußerten oft sehr eigenwillige Behauptungen fern jeglicher Wissenschaft. Ein besonders vehementer Kritiker prägte gar den Begriff vom „physiologischen Schwachsinn des Weibes“.
Der Streit, ob man Frauen gleichberechtigt zum Studium zulässt, entflammte um 1900 auch an der Universität Leipzig. Frauen besaßen nun
das Abiturzeugnis, hatten an anderen Universitäten studiert – warum sollte die Universität Leipzig ihnen ein gleichberechtigtes Studium verweigern?
Wilhelm Wundt, Verfechter des
Frauenstudiums, im Kreise seiner Mitarbeiter
Wilhelm Wundt, Verfechter des
Frauenstudiums, im Kreise seiner Mitarbeit
Im Senat wurde das Thema bereits seit 1873 kontrovers diskutiert, um die Jahrhundertwende zeichnete sich aber eine Mehrheit für die Gleichberechtigung unter den fachlich meist exzellenten Professoren ab. Die renommierten Meinungsführer unter den Professoren, wie der Psychologe Wilhelm Wundt, der Chirurg Wilhelm Trendelenburg oder der Chemiker Wilhelm Ostwald, bewirkten eine liberalere Haltung der Universität zum Frauenstudium.
PRO
Wilhelm Wundt, Professor für
Psychologie (1875–1917):
„Ich meine: die Frau, die nach bestimmten Richtungen hin die gleichen Fähigkeiten hat wie der
Mann, ist genau ebenso wie dieser an und für sich
berechtigt, diese Fähigkeiten auszubilden und
anzuwenden. Das so oft gehörte Argument: es seien
schon in allen Gebieten die Angebote männlicher
Bewerber zahlreich genug, es bestehe daher kein Bedürfnis auch nach weiblicher Konkurrenz und
dergleichen – dieses Argument erscheint mir lediglich als der Ausdruck eines brutalen Geschlechtsegoismus, der nicht besser ist als irgendein Klassenegoismus, der Vorrechte für sich in Anspruch nimmt.“
Paul Möbius, erbitterter Gegner
des Frauenstudiums, hielt
Frauen für geistig unterlegen,
- Auflage 1908
CONTRA
Paul Möbius, Privatdozent in der
Medizinischen Fakultät (1883–1893):
„Übermässige Gehirnthätigkeit macht das Weib
nicht nur verkehrt, sondern auch krank. Wir sehen
das leider tagtäglich vor Augen. Soll das Weib
das sein, wozu die Natur es bestimmt hat, so darf
es nicht mit dem Manne wetteifern. Die modernen
Närrinnen sind schlechte Gebärerinnen und
schlechte Mütter.“