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Triebfedern und Hindernisse

Kriegsjahre. Zwischen Seminar und Lazarett

Zwei Weltkriege bewirkten für die deutschen Universitäten und auch bei den Leipziger Studentinnen drastische Veränderungen. Innerhalb der Hörsäle wurden die studierenden Frauen plötzlich zur Mehrheit. Viele Studentinnen erlebten das Elend des Krieges bei Hilfsdiensten an der Front hautnah mit.

Universität in Trümmern, 1946

Im Sommer 1914 löste der Kriegsausbruch in Leipzig einen Sturm der vaterländischen Begeisterung aus. Viele junge Leute meldeten sich sofort freiwillig zum Kriegseinsatz oder wurden später jahrgangsweise einberufen, wodurch sich die personelle Zusammensetzung der Universität
grundlegend veränderte. Erstmals gab es im Jahre 1916 mehr studierende Frauen als Männer in den Hörsälen. Dies rückte die Studentinnen plötzlich in den Vordergrund, drohte der Lehrbetrieb doch als „nicht kriegsentscheidend“ eingestellt zu werden. Zudem wurden die jungen Frauen in den städtischen Krankenhäusern, in den neu eingerichteten Sozialämtern oder in den Industriebetrieben gebraucht. Einige Studentinnen unterstützten die kämpfende Truppe durch Hilfsdienste in Lazaretten oder beim Roten Kreuz. Viele von ihnen engagierten sich schon zu Kriegsbeginn bei der Verteilung von Spenden an Bedürftige oder beim Sammeln von Geschenken für die Front. Auch während des Zweiten Weltkriegs stieg der weibliche Anteil unter den Studierenden –
trotz des von den Nationalsozialisten propagierten konservativen Frauenbildes. Der kriegsbedingte Fachkräftemangel, insbesondere im
medizinischen Bereich, verbesserte die Berufsaussichten für Frauen. Die Mehrheit aller Neuimmatrikulierten war in den Kriegsjahren
weiblich, auch der Frauenanteil an den Promotionen stieg.

Medizinische Assistentinnen des hämatologisch-bakteriologischen
Labors, 1943

Ab 1941 wurden die Studentinnen zum zehnwöchigen Arbeitseinsatz in der Rüstungsproduktion verpflichtet, den sie in den Semesterferien ableisten mussten. Der „Totale Krieg“ verlangte schließlich auch ihnen viel
ab: Im Sommersemester 1944 meldete die Universität 552 junge Frauen zum Kriegseinsatz, davon mehr als die Hälfte Medizinstudentinnen,
die ihr Studium für ungewisse Zeit unterbrechen mussten.

Männer in der Minderheit: Das Mathematische Institut, 1942